Still don't know what I was waiting for
And my time was running wild,
a million dead-end streets and
Every time I thought I'd got it made
It seemed the taste was not so sweet
So I turned myself to face me
… Changes: Turn and face the strange
David Bowie / Changes
Es gibt zwei Arten von Veränderung: Die frei gewählte, die uns Entwicklung, Verbesserung, Erneuerung geben soll – sie kommt von innen. Und dann gibt es die von außen, wenn äußere Umstände Veränderung bringen und wir uns – wohl oder übel – fügen müssen. Sie ist zwar nicht freiwillig, birgt aber möglicherweise ein größeres Entwicklungspotential als die freie Variante.
Sowohl die freiwillig gewählte wie die erzwungene Veränderung können Widerstände in uns wecken. Bei der selbst gewählten ist es oft die mangelnde Disziplin, der innere Schweinehund, die Tendenz zur Prokrastination (auch als „Herausschieberitis“ bezeichnet), die Halbherzigkeit, die den Fortschritt in Richtung Zielvorstellung lahm legen. Klassische Beispiele dafür sind: gesünder zu leben, zu essen, sich mehr zu bewegen, abzunhemen, den Job zu wechseln, eine Fortbildung zu besuchen, ordentlicher zu sein. Warum wollen wir diese Veränderungen überhaupt? Weil wir uns ein glücklicheres Leben davon versprechen. Aber der Weg dahin ist so schwierig. Den oben erwähnten Faktoren liegt oft ein tieferer zugrunde. Die mangelnde Disziplin, der mächtige Schweinehund, die Halbherzigkeit sind meist nur oberflächliche Symptome tief im Unter- oder Unbewussten liegender Blockaden. Ängste, Ohnmachtsgefühle, Hoffnungslosigkeiten liegen dort für uns nicht greifbar herum, prägen aber unser Verhalten – ohne, dass wir es merken. Alex Loyd bezeichnet das in seinem Buch „Innere Heilung“ als Fehlprogrammierungen, als fehlerhafte Erinnerungen. Diese können von uns selbst stammen, aber auch aus unserem Erbgut aus unserer gesamten Ahnenlinie. Das bedeutet, wir werden von Verhaltensmustern und Ängsten geprägt, die teilweise Jahrhunderte zurückliegen. Zwar wissen wir, was das Richtige wäre, was uns gut täte, doch das Bewusstsein ist deutlich schwächer als das Unter- und Unbewusste. Wir brauchen also wirklich viel Energie, um diese Blockaden zu sprengen. Alles, was zur Erhöhung unserer Energie (Vitalität, Prana, Qi) führt, bringt uns unseren Zielen näher.
Zusätzlich kann man sich selbst Hilfestellungen geben. Wenn wir wissen, dass unsere tiefer liegenden Bewusstseinsebenen regieren und reagieren, können wir diese auf positive Weise triggern. Einfach indem wir, was wir wollen, sichtbar machen. Wer sich gesund ernähren möchte, stellt Obst und Gemüse sichtbar und gut erreichbar auf – während die weniger gesunden Dinge in der hintersten Ecke, schwer erreichbar lagern oder gar nicht erst eingekauft werden sollten.
Wer sich mehr bewegen möchte, stellt die Laufschuhe ans Bett oder direkt vor die Tür, lässt die Yogamatte ausgerollt liegen. Marie Kondo, die japanische Aufräum-Königin, rät jedem, der mehr Ordnung in sein Heim bringen möchte, zuvor eine Vision des perfekten Heims zu entwerfen, davon eine Collage zu basteln. Gut sichtbar aufgestellt , erinnert sie ständig an das Vorhaben.
Das sind alles Anker, die uns helfen, eine neue Gewohnheit zu etablieren, bis wir sie voll und ganz integriert haben und sie zum Autopiloten gehört.
Deadlines sind wahre Katalysatoren, das wissen wir alle. Manchmal gibt es natürliche Deadlines, manchmal müssen wir sie uns selbst schaffen. In den Kalender eintragen oder eine Verabredung mit jemandem treffen. Beispielsweise könnten sich zwei Yoginis für eine bestimmte (eventuell auch "schwierige") Uhrzeit zur Meditation verabreden. Entweder gemeinsam an einem Ort oder aber getrennt und dann per SMS: „Ich hab's geschafft, ich sitze auf meinem Meditationskissen. Puh. Und Du? Viel Spaß =)“
Wenn unsere Motivation stark genug ist, können wir Berge versetzen. Hanuman, der hinduistische Gott in Gestalt eines Affen, macht es uns vor. Grundsätzlich ist er eher ein tollpatschiger, vergesslicher Charakter. Was ihn klar und bewusst macht und ihn sich seiner Superkräfte erinnern lässt, ist „Bhakti“, die liebevolle Hingabe an seinen Freund Rama. Für ihn würde er alles tun – und kann auch alles tun. Er kann seine Gestalt verändern, so groß werden, dass er mit einem Schritt von einer Insel auf die andere kommt, er kann fliegen, einen Berg ausreißen, einen gefährlichen Dämon austricksen und schließlich die Unsterblichkeit erlangen. All das nur durch Liebe, eine kindlich-naive Liebe, an der es uns heute, als rationale und schon so oft verletzte Erwachsene, so oft fehlt. Liebe ist die größte erdenkliche Motivation. Nicht aber nur der Antrieb, etwas für jemand anderen zu tun, sondern ganz besonders für sich selbst. Wer sich selbst liebt, sein Leben und seine Talente erkennt, kann Berge versetzen.
Deine Abkürzung zur Veränderung: be°YOU°tiful
Wenn Veränderungen von außen über uns hereinbrechen, wie zum Beispiel die Trennung des Partners, der Tod eines geliebten Menschen, eine Entlassung, Krankheit oder eine Pandemie, haben wir ganz andere Voraussetzungen als bei der freiwilligen Veränderung. Je nachdem, was geschehen ist, befinden wir uns zunächst in einem Schockzustand. Unser uralter Autopilot sagt in diesem Moment: „Renn weg!“ oder „Stell dich tot!“ oder „Kämpfe!“ All das sind keine hilfreichen Maßnahmen. Wenn wir den Schock überwunden haben, müssen wir nach vorne schauen, überlegen, was geschehen muss, damit es in dieser unausweichlichen Situation für uns weitergehen kann.
Radikale Akzeptanz ist in diesem Fall der beste Start. Ohne sie kommen wir nicht weiter. Wir müssen zunächst den Zustand wie er ist vollständig anerkennen, dann erst kann man sich (re-)orientieren und handeln. Das Gegenteil davon wäre, den Brief der 10. Mahnung ungeöffnet in der Schreibtischschublade verschwinden zu lassen, so zu tun, als würde der Partner einen nicht betrügen (obwohl alle Anzeichen klar sind) oder eine Krankheit zu leugnen, die nun einmal schon da ist. Auch Schuldzuweisungen an andere sind typisch, um die Eigenverantwortung in dieser Lage von sich zu weisen und im Gefühl der Ohnmacht stecken zu bleiben. Radikale Akzeptanz bedeutet, anzunehmen dass sich die Situation von Grund auf verändert hat und dass man sich selbst nun von Grund auf – radikal – erneuert.
Es gibt zwei hinduistische Götter, die für diese Art der Veränderung stehen: Shiva und Kali. Beide stehen im Zeichen der Zerstörung, aber auch im Zeichen des Bewahrens und der Wunscherfüllung. Das klingt zunächst paradox, aber nicht, wenn man genauer hinschaut. Shiva zerstört dann, wenn die natürliche Ordnung durcheinander gekommen ist. Er stellt ein Gleichgewicht wieder her, wo es fehlt. Er zerstört also um zu bewahren. Seine Gefährtin Kali ist wild und wütend – auch das dürfte uns gelegentlich entsprechen, wenn wir in unfreiwilliger Veränderung stecken. Wild und wütend, aber eben nicht ängstlich. Die Angst lässt uns einfrieren, dann sind wir unfähig zu handeln. Die Wut ist eine starke Energie, die uns weitergehen lässt. Im Idealfall verwandelt sie sich – wie auch bei Kali – in Shakti, die weibliche, kreative, erschaffende Urkraft aus der alles entsteht.
Genau diese Kraft steht auch uns zur Verfügung, wenn im Außen tabula rasa gemacht wird. Im wahrsten Sinne sind wir ein unbeschriebenes Blatt, das ganz neu beschrieben werden kann. Für den einen liegt hierin die größte Chance aller Zeiten, für den anderen die größte Katastrophe – es ist immer eine Frage der inneren Haltung, des Blickwinkels. Manchen macht das Unbekannte, das immer mit Veränderung verbunden ist, Angst, anderen Freude, sogar Euphorie.
Veränderungen verlangen etwas Schwieriges von uns: eine Vision von etwas zu haben, das wir nicht kennen und uns daher nicht gut vorstellen können. Je größer die Veränderung – die Andersartigkeit, der Kontrast zum Ist-Zustand – desto herausfordernder ist es, sich diese Vision vorzustellen. Wie werde ich mich dann fühlen? Wie werde ich denken und handeln? Werde ich glücklich sein? Was, wenn eine andere Entscheidung besser oder sicherer für mich wäre? Wie hoch ist das Risiko?
Je fremder die neue Situation ist, desto mehr zögern wir. Das ist ein Verhalten, das unser Überleben schon als Urmenschen gesichert hat: Gefahren vermeiden, im sozialen und dadurch sicheren Kontext bleiben. Wer ausbricht und eigene Wege geht, wird mit Sicherheit von wilden Tieren gefressen, stirbt, wenn er erkrankt oder verhungert.
Diese Geschichte erzählt uns noch heute unser Instinkt. Das ist das aus Urzeiten stammende Reptiliengehirn, der Hirnstamm. Uralt und dennoch aktiv, nicht bewusst lenkbar.
Außer wir beschäftigen uns mit dem Unbewussten und räumen es auf.
Dr. Joe Dispenza sagt in seinen Meditationen: „Relax into the unknown.“ Was für ein herrlicher Satz. In seinen Meditationen lernt man, sich ganz freiwillig dem Unbekannten hinzugeben, sich in der unendlichen Schwärze des Universums aufzulösen, in das vereinheitlichte Feld, in dem alles ist und in dem wir alles erfahren und bekommen können einzutauchen und reines Bewusstsein zu sein. Wer auf diese Weise meditiert, lernt, sich dem Unbekannten, dem Nichtvorhersehbaren zu öffnen und gleichmütig zu reagieren. Warum? Weil man hier begreift, wie sehr man selbst miterschaffen kann, wir sehr man das Leben in der eigenen Hand hat, wenn man nur die richtige Tür gefunden hat. Und das ist die zum Unterbewusstsein und zum Unbewussten.
Die Haltung „Egal, was im Außen geschieht, von innen heraus kann ich immer entscheiden, wer ich bin.“ ist das größte Geschenk, das man sich selbst machen kann.